Global Earthquake Model - GEM

  • Ansprechperson:

    Jochen Zschau

  • Projektgruppe:

    Monitoring des globalen Risikowandels

Was ist GEM ?

Schaden in ZukunftGEM steht für „Global Earthquake Model“ und hat den Aufbau einer global vernetzten Plattform zur Kartierung und zur Überwachung von Erdbebenrisiken zum Ziel. Wesentlicher Bestandteil ist ein freier Zugang zu Risikoinformation für jedermann. Dahinter steht die Überzeugung, dass so das Risikobewusstsein weltweit erhöht werden kann, eine Grundvoraussetzung für die Durchsetzung risikomindernder Schutzmaßnahmen.

Angeregt vom Global Science Forum (GSF) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), unterstützt von Wissenschaft, Politik und Industrie und betrieben mit einem globalen Kooperationsnetz von Partnerorganisationen, wird mit GEM ein neuer Weg der Erdbebenrisikoforschung eingeschlagen, der nicht mehr allein auf die bestmögliche Quantifizierung der gegenwärtigen Risiken abzielt, sondern erstmalig auch ihre zeitlichen Änderungen im Augen hat. Risiken zu überwachen und ihre künftigen Entwicklungen vorauszusagen, gehört zu den gegenwärtig brennendsten Herausforderungen der Erdbebenforschung. CEDIM will diesen Weg mitgehen.

Naturrisiken in globalem Wandel: die entscheidende Motivation für GEM

Nicht nur das Klima befindet sich heute in einem globalen Wandel, sondern auch alle anderen Naturrisiken einschließlich Erdbeben. Hauptgrund dafür ist die dramatisch zunehmende Anfälligkeit unserer Gesellschaft gegenüber extremen Naturereignissen, bedingt vor allem durch die „urbane Explosion“ in der Dritten Welt, durch immer komplexere Vernetzungen kritischer Infrastrukturen in den Industrienationen und durch die wachsende Globalisierung der Weltwirtschaft.

GEM wird neueste Entwicklungen an vorderster Front naturwissenschaftlicher Erdbebenforschung mit ingenieurwissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen verbinden.

Dabei sollen alle drei Module der Risikokette Berücksichtigung finden: die Gefährdung (hazard), das Risiko und der sozioökonomische Impakt (Abb. 1). Mit Hilfe des Gefährdungsmoduls sollen Eintrittswahrscheinlichkeiten für Beben und die zu erwartenden Intensitäten der Bodenerschütterungen für jeden beliebigen Ort der Erde berechenbar werden. Auf der Basis der Bodenerschütterungen, verknüpft mit demographischen Daten, Angaben über Gebäude-Inventar und -Vulnerabilitäten, ermittelt das Risikomodul die Höhe und Wahrscheinlichkeit zu erwartender Schäden sowie die mögliche Anzahl von Todesopfern. Das sozio-ökonomische Modul stellt Werkzeuge bereit, mit denen sich die sozio-ökonomischen Konsequenzen einer Erdbebenkatastrophe abschätzen lassen und damit auch Entscheidungsunterstützung für das Risikomanagement insbesondere zur Katastrophenprävention bereitgestellt werden kann. Die integrierten Module werden „szenario- und echtzeitfähig“ sein, so dass u. a. nach großen Erdbeben schnelle Schadenserhebungen möglich sind und es nicht mehr, wie leider in zu vielen Fällen heute immer noch Realität, viele Tage dauern muss, bis das Ausmaß einer Erdbebenkatastrophe erkannt ist. CEDIM wird einen wissenschaftlichen Beitrag zu GEM zu den Modulen Globale Erdbebengefährdung, Erdbeben Risiko und sozio-ökonomischer Impakt leisten.

GEM wird das erste globale und „open access“-Erdbebenmodell zur Risikoanalyse sein.

Es will transparent, vielseitig, für jeden zugänglich und unabhängig sein, und strebt für seinen Aufbau eine weltweite Beteiligung der Wissenschaftsgemeinschaft an. Seine Entwicklung wird in einem organisierten globalen Netzwerk aus regionalen GEM-Zentren erfolgen, die miteinander und mit einem zentralen Sekretariat kooperieren. Durch Einbindung lokalen Wissens und lokaler Experten in alle Bereiche der Gefährdungs- und Risikoanalysen soll eine breite Akzeptanz des Modells hergestellt werden. Dabei kommen GEM-Partnerschaften zwischen Industrienationen und Entwicklungsregionen eine zentrale Bedeutung zu.

GEM ist eine öffentlich-private Partnerschaft („Public Private Partnership“).

Logos GEM Partner

Die GEM-Initiative stößt auf breites Interesse in Wissenschaft, Industrie und Politik. Neben den großen internationalen Wissenschaftsorganisationen auf diesem Feld, wie IASPEI (International Association of Seismology and Physics of the Earth’s Interior) und IAEE (International Association of Earthquake Engineering), unterstützen auch Partner aus der Industrie, wie die Münchener Rück, Zürich Financial Service, der Risiko-Modellierer Air-Worldwide Corporation und der Versicherungsbroker Willis, die Initiative, letztere mit finanziellen Beiträgen in Millionenhöhe. Die Münchener Rück ist sog. „Founding Sponsor“. Sie stellt 5 Millionen Euro zur Verfügung. Der Mindestbeitrag für einen Industrie-Sponsor sind 1 Million Euro.

Der Prozess der offiziellen Einbindung von Regierungen bzw. der von Ihnen benannten Forschungsinstitute über ein Memorandum of Understanding und am Bruttosozialprodukt gekoppelte jährliche Beitragszahlungen ist zur Zeit im Gange. Erste verbindliche Zusagen werden nach der Oktober-Sitzung des OECD-GSF in Rom erwartet, so dass auch das „Governing Board“ voraussichtlich bis Ende des Jahres 2008 arbeitsfähig sein wird. Bis dahin wird das Projekt durch die o.g. im Auftrag des GEM-Steering Committees agierenden Vertreter von GFZ, ETH, NORSAR und USGS weiter vorangebracht werden.

 

 

Rechts: Teilnehmer des OECD-Global Sciense Forum Workshop zum Thema "Earthquake Science and its Contribution to Society", Potsdam 1./2. Juni 2006

Foto zur GEM-Initierung

Regionale Initiativen

Darüber hinaus wird das Projekt durch regionale Initiativen verstärkt, die nicht direkt im Rahmen von GEM ablaufen, aber mit GEM abgestimmt und koordiniert sind. Dazu gehören u.a. 

  •  wissenschaftliche Aktivitäten im Rahmen des EU-calls zur Erdbebengefährdungs-Harmonisierung im europäisch-mediterranen Raum (gerade beginnend);
  • das vom Auswärtigen Amt geförderte Projekt „Cross Border Disaster Prevention in Cental Asia“ (begonnen);
  • die Implementierung von GEM in Südostasien im Rahmen des „Environmental Monitoring and Modelling“-Programms des gerade in Singapur gegründeten ETH-Singapur Center for Global Environmental Sustainability (bestätigt);
  • die Implementierung von GEM im Nahen Osten, koordiniert von der ETH Zürich mit finanzieller Unterstützung von Japan Tabacco International (bestätigt) und 
  • die Implementierung von GEM in Südamerika in Kooperation mit CERESIS (Regional Centre for Seismology for South America) und mit finanzieller Unterstützung durch die Interamerican Development Bank (IADB), sowie durch die Weltbank (Aufforderung zur Antragstellung durch IADB).

Verhandlungen laufen gegenwärtig auch zur Einbeziehung von Afrika und großer nicht zur OECD gehöriger Länder wie Russland, China und Indien. Von deutscher Seite werden über das GFZ und das gemeinsam mit dem „Karlsruher Institute of Technology (KIT)“ betriebene CEDIM-Institut GEM-Partnerschaften mit Zentralasien und Indien angestrebt.